Konzert – Dynamite Daze

Fr., 16.10.2015
Zum Teil reflektiert „Tango With The Devil“, sowohl musikalisch als auch textlich die Welt dicht am Bordstein. Andere nennen es Gosse und liegen damit irgendwie richtig, alleine schon wenn es im Opener „A Picture Of Downtown Kingston“ um eine alte Prostituierte, wohl eher Luder, Heroin und eine tote Katze geht:
»The Salavation Army plays for a round
At a party with the devil in the underground
A lonely bastard takes bad heroin
A cold shot in a hot bed of sin«
Dynamite Daze sind fast unvergleichbar, Genre-Schablonen werden zu sperrigen Gegenständen, das Quartett um Didi Dynamite schert sich einen Dreck um Stile, man ist sein eigener Mann und entfacht mit der eigenwilligen Musik ein wahres Feuer der Freude vor den Lautsprechern oder auch auf der Bühne.
Der sich in den Texten widerspiegelnde Dynamite Daze-Kosmos ist abgründig, eine Halbwelt, bei der die Musik eigene Wege geht, sie bohrt sich quasi gnadenlos in die Seele des Hörers. Die Band lässt modische Schwingungen links liegen und wird dadurch selbst zum Trendsetter des anders klingenden, überzeugenden Blues.
Schon im besagten Opener ist Martin ‚Professor‘ Czemmel mit dem messerscharfen Bottleneck auf den Saiten unterwegs und holt damit edle Metalle aus den Erdrissen der Unterwelt. In dieser Midtempo-Nummer zeigt Didi Dynamite, wie eine Harp entsprechend aufreizend klingen muss. Die ersten knapp fünf Minuten entzünden die Lunte des 12-Takters und dieses führt über den Blues-Krimi-Groove in „15 Miles To Mexico“ direkt zu einer explosionsartigen Begeisterung.
Wie aus dem Nichts taucht plötzlich die nächste finstere Gestalt mit leuchtenden Augen aus der Dunkelheit des Waldes auf. Durch frische Energie versorgt, die definitiv nicht aus der Steckdose stammt, kommt die Combo mit großen Schritten und einem unglaublichen „Bertram Reloaded“ auf den Hörer zu. Andrea Tognoli zupft ein klasse Solo auf den dicken Saiten und Didi Dynamites Stimme passt zu allen musikalischen Stimmungen. Tief, erregend, rau, Furcht einflößend, aber immer sympathisch ist sein Gesang.
Wann gönnt die Gruppe dem Hörer denn eine Pause vom stets rotierenden Rock, Ausgabe Dynamite Daze 2013. Ohne die Feder der Dynamik durchhängen zu lassen, gibt einem „Rain“ die Gelegenheit, sich vor den Lautsprechern zu entspannen, aber dann ist da ja noch die
Louisiana Red-Hommage „Red In Heaven“. Ein Slow Blues, der dem verstorbenen Musiker ohne Zweifel gefallen hätte. Vor einer solchen, unter die Haut gehenden, berührenden Ballade zieht man vor Hochachtung seinen Hut.
Die Gentechnik führt zu kontroversen Diskussionen, aber wenn es um das musikalische Mischen von ganz unterschiedlichen Stilen geht, dann darf man wohl mit Fug und Recht behaupten, dass das Quartett mit seinen extrem langen Tentakeln darin der wahre Kreuzungs-Meister ist. Diese hohe Kultur, sich nicht in einen Genre-Käfig zwängen zu lassen, zieht sich wie ein roter Faden durch alle Lieder des Albums. Extrem gut ist da der die Platte abschließende Titelsong „Tango With The Devil“, bei dem selbst besagter Belzebub vergisst, sein Fegefeuer auf Temperatur zu halten. Wenn Didi Dynamite singt:
»I drink booze with the devil
Blues is my only name«
dann darf man den erwähnten Zwölftakter garantiert für bare Münze nehmen.
Die international besetzte Band hat auch noch hypnotische Fähigkeiten, versetzt sie einen doch mit „Jesus Redemptor“ in einen Zustand der Trance. Mit einer nur wenige Abweichungen von einer sich stets wiederholenden (Slide-)Gitarren-Metrik lässt der Vierer einen kaum aus seinen Fängen.
Dynamite Daze ist mit „Tango With The Devil“ ein geniales Album gelungen. Man muss nicht zum Prediger werden, um eine Kaufempfehlung auszusprechen.
Quelle: http://www.rocktimes.de/gesamt/d/dynamite_daze/tango_with_the_devil.html
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